Der Monat in Kürze: 2 größere Kundenprojekte aus dem letzten Jahr fertiggestellt, neue in der Pipeline. (Neu-)Start mit einem größeren Datenbankprojekt. Kräfte sammeln, gesund werden; langsam vom Stress des Vorjahres erholen, Dinge verarbeiten. Meinung(en) zu aktuellen Ereignissen bilden und wieder mal erkennen, dass ich kein Mit-dem-Strom-Schwimmer bin und damit zwangsläufig anecke. Tell me something new. Krimis gefressen (auf dem Kindle) und Bilder in den Kopf bekommen (via Dokumentationen im Fernsehen), die ich lieber wieder schnell vergessen würde. Dafür großartige neue Musik entdeckt. Eine Woche Alleinsein genossen trotz Internetausfall und gesundheitlichem Angeschlagensein. Ordnung geschafft, innen wie außen. Ein langer Monat, aber ein vielversprechender Start ins Jahr.
Woche 1
Langsamer Arbeitsbeginn nach den Feiertagen. Arbeit an einer internen Online-Datenbankanwendung für einen Verband im Gesundheitswesen. Umsatzsteuer-Voranmeldung für das letzte Quartal. Eine Anleitung für eine Kundin für den Newsletterversand mit einer bestimmten Software. Diverse Kleinigkeiten für verschiedene Kunden.
In der Freizeit Fotos von Dezember-Spaziergängen bearbeiten und bei Flickr hochladen. Recherchen zum Thema Verhaltenstherapie bei Angststörungen. Der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo und die Geiselnahme in einem Supermarkt in Paris und die unsäglichen Reaktionen darauf. Kontakt mit E. und C. und Vereinbarung von Treffen in der letzten Januar-Woche.
H. und ich beschließen, künftig weniger und verantwortungsvoller Fleisch zu konsumieren und führen einen rein vegetarischen und einen Salat-Tag pro Woche ein. Diese Woche: Pasta mit Gemüsesoße und Wintersalat mit Quinoa, Chicorée, Apfel, Blutorange, Paprika und Walnüssen. Erste Pilzernte der Austernseitlinge.
Gelesen: Jørn Lier Horst – The Hunting Dogs | Gunnar Staalesen – Yours Until Death
Gesehen: Gewalt und Leidenschaft (Visconti, 1974) | Skyfall (Mendes, 2012)
Wetter: Regen, gegen Ende der Woche stürmisch, um die 5-8°C
Die ersten Austernseitlinge aus dem Pilzgarten für zuhause
Woche 2
Viel zu tun. Gemeinsam mit der Kundin den ersten Newsletter mit der neuen Software verschickt. Die Datenbankanwendung fertiggestellt. Angebote für neue Projekte erstellt. Ein Domainumzug bei einer Kundin, der übermäßig kompliziert verläuft und mich wieder darin bestärkt, auf große/ erfahrene Provider zu setzen. L: Planung für die Fortsetzung eines weiteren großen Datenbankprojektes. Die Frage externer Unterstützung klären.
Ein Kurzbesuch bei M. Die Familienforschung fortgesetzt und neue (ältere) Kirchenbücher für Weißensulz entdeckt. Außerdem Start mit den Brandenburger Familienzweigen (Kreis Beeskow). Unschlagbar günstige Zugtickets für Ostern gekauft. H. trifft nach mehr als 10 Jahren die alte Band wieder, die sich vor 18 Jahren getrennt hat. Die alten Säcke wollen es nochmal wissen. Für M. die Möglichkeiten eines Kredits ausgelotet.
Das erste Mal Fenchel gegessen, der – als Auflauf mit Kartoffeln und Äpfeln – sogar geschmeckt hat, obwohl ich wegen des furchtbaren Geruchs beim Kochen am liebsten die Wohnung verlassen hätte. Statt Salat: Sechserlei Wurzelgemüse (Kartoffelpüree, geschmorte Zwiebeln, Möhren mit Sesam, kalte Rote Bete mit Meerrettich, gebackene Pastinaken, gebratene Chips aus Petersilienwurzel).
Gelesen: Gunnar Staalesen – Yours Until Death | Gunnar Staalesen – The Writing on the Wall
Gesehen: Selbst ist die Braut (Fletcher, 2004) | Ein Quantum Trost (Forster, 2008) | Auf der Parkbank (Podalydès, 2009)
Musik: Christoph Willibald Gluck (1714-1787): Orpheus und Eurydike
Wetter: Sonne, zum Wochenende bedeckt und regnerisch, um die 10°C
Einer der schöneren Morgen diesen Monat
Woche 3
Letzte Arbeiten an dem Online-Magazin für den Kunden aus W. Kleine Zickereien eines Anbieters für SEO-Dienstleistungen, der seine Kaltakquise nicht im Griff hat. Änderungswünsche an der Datenbanklösung. Viel Kleinkram bei verschiedenen Kunden.
Durch Zahlung von H. endlich die Angelegenheit mit DB abgeschlossen. Weiter an den Beeskowern geforscht. Ausgiebige Überlegungen, ob wir uns nun wieder eine Katze anschaffen oder nicht. Zu lösen wäre in erster Linie die Betreuungsfrage, die sich nun durch das Haus und häufigere Anwesenheit dort dringlicher darstellt. Kaum Spaziergänge diese Woche, und ich merke es sofort: alles ist lahm und lustlos. Ein depressiver Tag zwischendurch. Winter-Blues. Am Wochenende E. zum Kaffee getroffen. Angefangen, alte Papiere auszusortieren und wegzuwerfen.
Gemüsebratlinge mit Bulgur, Möhre, Kartoffel, Zucchini, Broccoli, Rosenkohl, Nüssen und Sesam; dazu Dillquark. Salat fiel diese Woche aus, weil ich so viel Gemüse gekauft hatte, das weg musste. Stattdessen Broccoliquiche und eine Kartoffel-Rosenkohl-Pfanne. Gemüse-Overkill
Gelesen: Gunnar Staalesen – Consorts of Death | Mrs. Stephen Fry – How to have an almost perfect marriage | Cilla & Rolf Börjlind: Spring Tide
Gesehen: Der Ghostwriter (Polański, 2010) | Die Sklaven der Gaskammer – Das Sonderkommando in Auschwitz (Eric Friedler, 2001) | Auschwitz vor Gericht (Rolf Bickel und Dietrich Wagner, 2013)
Musik: Marek Grechuta
Wetter: Bewölkt, kälter, um 1°C
Das geschwungene Dach der neuen Straßenbahnhaltestelle am Hauptbahnhof ist fertig
Woche 4
Neustart mit dem Datenbankprojekt für die Musikerin. Ansonsten: Nochmal kleine Änderungen an der Magazin-Seite, ein Kontaktformular auf einer anderen Seite reparieren (das nach einem Serverupdate beim Provider plötzlich nicht mehr funktionierte), Fehlersuche bei einer nicht mehr funktionierenden Website, die sich schließlich als Opfer einer größeren Störung bei 1&1 herausstellte. Und: eine Neukundin für die regelmäßige Pflege ihrer Website. Umständliches Arbeiten, weil ich wegen einer defekten Baugruppe im Verteilerkasten mehrere Tage kein Internet hatte und in ein Ersatz-Büro umziehen musste.
H. ist nach K. gefahren, so bin ich eine Woche Strohwitwe. Gedenken an den 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. Ich nehme meine Spaziergänge wieder auf. Der Rücken muckt, auch weil es recht kalt ist. Das tägliche Treppensteigen zum Ersatzbüro (4. Etage) ist ein “Bonus”. Ich treffe M. auf eine Pizza, die Verabredung mit C. muss leider auf nächste Woche verschoben werden. Ich nutze die Zeit allein, um Papiere auszumisten und Unterlagen abzuheften. Jetzt zweimal in Dokumentationen Inge Deutschkron “live” gesehen, die ich bisher nur gelesen hatte – ihre teils recht drastische, laute Art gefällt mir sehr. Gesundheitlich angeschlagen, vor allem gegen Ende der Woche. Samstagabend zum ersten Mal seit Wochen mit H. ausgegangen und dabei neues Lieblingslokal entdeckt, das wir bisher immer ausgeblendet hatten.
Essen wird spontan und nach Lust und Laune entschieden. Erstaunlich, wie viel weniger Lebensmittel ich brauche, wenn ich allein bin. Ich weiß nicht, ob es an der Kälte liegt oder am Alleinsein, aber ich esse diese Woche sehr reichhaltig, viele Kohlehydrate und Fett, wenig Gemüse und Obst. Naschen dagegen tue ich fast gar nicht.
Gelesen: Cilla & Rolf Börjlind: Spring Tide | Robert Dugoni: My Sister’s Grave
Gesehen: Ein blinder Held – Die Liebe des Otto Weidt (Christiansen, 2014) | Die purpurnen Flüsse (Kassovitz, 2000) | Mord im Mittsommer (Episode 1; Olsson, 2010) | Hafen im Nebel (Carné, 1938)
Musik: “Balkan Fever” Live at Skopje Jazz Festival 2013 (Kristjan Järvi und das Mazedonische Philharmonische Orchester, feat. Vlatko Stefanovski, Miroslav Tadic und Theodosii Spassov)
Wetter: Meist bedeckt, um 3°C, aber gefühlt eher Minusgrade, etwas Regen und Schnee (Samstag), wenig Sonne
Schnee!!! – Leider hielt die Pracht nur einen Tag…
Bilanz 2014:
- 3 Todesfälle im Januar, Februar und April und die damit verbundenen Aufgaben rauben mir alle Kraft und reißen arbeitsmäßig ein Riesenloch
- Nach dem Tod der Schwiegermutter muss entschieden werden, was aus dem Haus wird. Wir werden wohl versuchen, es zu erstmal zu halten.
- Mehrere Kurzaufenthalte im Rheinland und in Bayern bei der Schwägerin.
- Im Mai bekommt meine Mutter eine künstliche Hüfte. Ich betreue sie danach noch eine Zeit in ihrer Wohnung (Einkäufe, Hausarbeit, Arztbesuche…)
- In der zweiten Jahreshälfte versuche ich, liegengebliebene Kundenprojekte fertig zu machen und das Laufende zu erledigen.
- Spätestens ab Oktober gehe ich auf dem Zahnfleisch. Burn-Out droht aus Überlastung und permanentem Stress und Druck.
- Im Dezember ziehe ich die Reißleine und vertage einige Kundenprojekte auf Januar. Es geht nicht mehr.
- 5 Tage vor Weihnachten stolpert meine Mutter beim Weihnachtsshopping und fällt auf ihre vor 10 Jahren operierte Hüfte. Es folgen 6 Stunden in einer völlig überlasteten Notaufnahme, um Röntgenbilder und eine Abklärung zu bekommen, ob die Hüfte Schaden genommen hat. Es ist Freitag Nachmittag, wir haben also keine andere Chance, um Gewissheit zu erhalten. Da sie nur schlecht gehen kann, fahre ich vor Weihnachten nochmal hin, um Einkäufe zu erledigen. Damit ist meine eigene Weihnachtsplanung natürlich zum Teufel.
- Die Tage zwischen Weihnachten und Silvester verbringe ich mit einem Buch im Sessel oder im Bett. Nichts geht mehr. Und vor dem Januar graust mir, weil so viel liegengeblieben ist…
Jahresrückblick-Fragebogen:
Haare länger oder kürzer?
Seit der Beerdigung der Schwiegermutter im Mai recht kurz. Und etwas asymmetrisch schräg über den Kopf gekämmt.
Mehr Geld oder weniger?
Es sollte eigentlich mehr sein, weil die Auftragslage ganz gut war. Da ich einiges an Arbeit aufs nächste Jahr verschieben musste und durch die Todesfälle auch mehr Ausgaben hatte, ist es jedoch etwa gleich.
Mehr ausgegeben oder weniger?
Mehr, allerdings nicht immer ganz freiwillig.
Mehr bewegt oder weniger?
Körperliche Bewegung: viel weniger. Im Sinne von “Dinge bewegt”: Extrem viel mehr. Zwangsweise.
Der hirnrissigste Plan?
Die Idee am Jahresanfang: Dieses Jahr mal traditionell Urlaub machen. Hat dann ja auch nicht geklappt.
Die gefährlichste Unternehmung?
“Gefährlich” ist das falsche Wort, aber ich habe ein, zwei Kundenprojekte gemacht, die sehr riskant waren und extrem hätten schiefgehen können. Sind sie zum Glück nicht.
Die teuerste Anschaffung?
Der Vertrag ist noch nicht unterschrieben, aber die Entscheidung schon getroffen: Wir kaufen gemeinsam den Anteil der Schwägerin am Haus der Schwiegermutter. Zwar in Raten, aber alles in allem wird das die teuerste “Anschaffung” meines Lebens.
Das leckerste Essen?
Quinoa. Kannte ich bisher nicht und finde ich ausgesprochen lecker. Ansonsten: Selbst geräucherter Fisch.
Das beeindruckendste Buch?
Ich habe in diesem Jahr vorwiegend “Lesefutter” zu mir genommen. Krimis, Thriller, solche Sachen. Alles auf Englisch. Sehr beeindruckt hat mich allerdings “We Need to Talk About Kevin” von Lionel Shriver (deutsch: Wir müssen über Kevin reden). Es ist gut geschrieben, eine unfassbare Geschichte und hat eine überraschende Wendung am Ende. Rundum ein großartiges Buch.
Der ergreifendste Film?
Kein Spielfilm, aber einige Dokumentationen haben mich berührt oder wütend gemacht. Zum Beispiel “Schweig, Verräter!” über Whistleblower. Dokumentationen über die Hintergründe der Finanzkrise 2008, über die Geschichte des Afghanistan-Krieges, über Fracking oder die “Dämmungslüge”.
Die beste Musik?
Die hilfreichste Musik: Andy M. Stewart. Die traurigste Musik: “Das gibt’s nur einmal”, gesungen von Lilian Harvey.
Das schönste Konzert?
Kein Live-Konzert dieses Jahr. Ein paar schöne Sachen beim Moers Jazz Festival (online im ARTE-Stream verfolgt).
Die meiste Zeit verbracht mit …?
Arbeit.
Die schönste Zeit verbracht mit …?
Lesen und Schlafen.
Vorherrschendes Gefühl 2014?
Das jetzt auch noch?!
2014 zum ersten Mal getan?
Eine Entscheidung über Leben und Tod getroffen. Mit allen Konsequenzen. Allein.
2014 nach langer Zeit wieder getan?
Viel und ausdauernd geweint.
Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?
Der Tod von HD. Der Tod von C. Der Tod von HK.
Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Dass ich es mit dem Hauskauf ernst meine und grundsätzlich bereit bin, irgendwann von Berlin wegzuziehen.
Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Dem Hauskauf zuzustimmen und den Mann bei seinem Wunsch zu unterstützen.
Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Die Kunden, die Verständnis für meine Situation gezeigt haben und unendlich viel Geduld hatten. Danke!!!
Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Ich hab Dich lieb.
Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Lass uns das machen.
2014 war mit einem Wort …?
Scheiße.
Auf ein Neues – es kann nur besser werden.
Schlaf schön!
Die gesamte Rosetta-Mission und die Landung von Philae auf dem Kometen P67/Tschurjumow-Gerasimenko sind in meinen Augen ein überwältigender Beweis dafür, was Menschen erreichen können, wenn sie unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht und Hintergrund gemeinsam eine Vision entwickeln und zusammenarbeiten, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
Danke ESA, Danke Europa, Danke an alle Beteiligten, die diesen Traum wahr werden ließen!!!
Wir warten gespannt auf die Ergebnisse der Philae-Mission und auf die weiteren Untersuchungen, die Rosetta noch durchführen wird…
“This is unique and will be unique forever”
Andrea Accomazzo, Rosetta Flight Director (14.11.2014)
Links:
Ein Niederländer teilt eine Woche lang öffentlich die Metadaten seines Handys.
Metadaten sind nicht der tatsächliche Inhalt der Kommunikation, sondern die Daten über die Kommunikation; etwa die Nummern, die er anruft oder antextet, und wo sein Handy sich zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Wem er E-Mails schreibt, die Betreffzeilen der E-Mails und die Webseiten, die er besucht.
Ein Forschungdteam der Universität Gent analysierte die Daten und erstellte daraus ein erschreckend genaues Profil des jungen Mannes – und seines sozialen Umfelds.
Jedes Mal, wenn Tons Telefon eine Verbindung mit einem Funkturm herstellte und jedes Mal, wenn er eine E-Mail schrieb oder eine Website besucht, konnten wir sehen, wann dies geschah und wo er in diesem Moment war, bis auf wenige Meter genau. Wir waren in der Lage, basierend auf seinem Telefon- und E-Mail-Verkehr, sein soziales Netzwerk zu erkennen. Über seine Browser-Daten konnten wir auch die Websites, die er besuchte, und seine Suchanfragen zu sehen. Und wir konnten das Thema, den Absender und Empfänger jeder seiner E-Mails sehen.
Mit Hilfe der so ermittelten Daten konnten durch Verknüpfungen mit anderen Datenbeständen sogar Passwörter von Online-Diensten und Mailkonten entschlüsselt werden und so auf hochsensible Daten zugegriffen werden.
Was sie und ich für diesen Artikel getan haben, ist Kinderkram, im Vergleich zu dem, was Geheimdienste tun könnten. Wir konzentrierten uns vor allem auf die Metadaten, die wir mit gängiger Software analysierten. Wir verzichteten auf zusätzliche Recherchen (…).
Außerdem war dieses Experiment auf eine Woche beschränkt. Einem Geheimdienst stehen Metadaten über viel mehr Menschen, über einen viel längeren Zeitraum, und dazu viel ausgefeilteren Analyse-Tools zur Verfügung.
Lesetipp: Metadaten: Wie dein unschuldiges Smartphone fast dein ganzes Leben an den Geheimdienst übermittelt (netzpolitik.org)
Quergedachtes schreibt zum Thema Das Geschäft mit der Angst:
Seit vielen Jahren ist es in Mode das reiche und prominente Menschen sich in „Charity“ üben. Es wird Geld gesammelt. Für die dritte Welt, für kranke Kinder, für eine bessere Welt und ja auch für Autismus. Nicht dass man mich falsch versteht: Sich für Menschen einzusetzen denen es nicht gut geht ist eine gute Sache. Aber eben auch nur solange es den Menschen zu Gute kommt.
Beim Thema Autismus bin ich mir da definitiv nicht sicher. Schauen wir mal nach Amerika, dem Mekka des Autismus Charity. Dort gibt es eine „Non Profit Organisation“ namens Autism Speaks. Die sammeln eine Menge Geld im Namen des Autismus ein. Klingt gut? Nun für viele Unternehmen die Autism Speaks unterstützen scheint das so zu sein. So kommen dann in einem Jahr schon mal mehr als 60 Millionen US Dollar zusammen. Und was passiert damit?
Da gehen ganze 4% in die Förderung von Autisten, 46% verschwinden in der Verwaltung, Werbung und dem Aufwand Geld zu sammeln. Weitere 44% fließen in die Genomforschung.
Betrachtet man sich diese Zahlen kann einem schon schwarz vor Augen werden. 46% der Spendengelder schluckt der Verwaltungsapparat Autism Speaks. Vom Rest kommen rund 8% den Autisten direkt zu Gute, fast 90% dessen was übrig bleibt fließt in die Forschung. Gut? Nein!
Was er in seinem äußerst lesenswerten Beitrag am Beispiel Autismus-”Wohltätigkeit” argumentiert, gilt natürlich für alle Bereiche des Spendensammelns.
Wir alle sollten genauer hinsehen, wenn wieder jemand mit der Sammelbüchse klappert, dem Überweisungsträger winkt oder von jedem verkauften Produkt 0,01% in ein “wohltätiges” Projekt zu stecken verspricht:
- Wer steckt dahinter?
- Was wird mit dem Geld gemacht?
- Wem kommt das Geld (letztendlich) zugute?
- Wozu dient mit Spendengeldern finanzierte Forschung?
- Will ich das wirklich mit meinem Geld unterstützen? Auch wenn es nur ein paar Cent sind?
Und das gilt eben nicht nur für die “betrügerischen” Spendensammler, die das Geld in die eigene Tasche stecken, sondern auch – und gerade! – den großen, etablierten Sammelaktionen, die oft mit prominenter Unterstützung daherkommen, sollte man genau auf die Finger schauen.
Seriöse Institutionen/Aktionen veröffentlichen Rechenschaftsberichte. Es kann nicht schaden, dort mal einen Blick hineinzuwerfen und auch hier genau hinzuschauen: 44% der Spendengelder für die Forschung, wie Aleksander am Beispiel ” Autism Speaks” aufführt, klingen erstmal gut. Schaut man dann genauer hin, wird deutlich, dass das Geld im Grunde verwendet wird, um pränatale Gentests zur “Früherkennung” von Autismus zu entwickeln, also letztendlich Autismus “abzuschaffen”. Ist das wirklich eine Hilfe im Sinne der hier und jetzt Betroffenen und ihrer Angehörigen, Freunde und ihres sozialen Umfelds? Wissen die Spender, dass ihr Geld nicht als Hilfe für jetzt lebende Menschen verwendet wird, sondern um künftig die Geburt “solcher” Menschen zu verhindern?
Mir selber ist es im letzten Jahr passiert, dass mich junge Frauen aus einem nahöstlichen Land (das ich jetzt bewusst nicht nenne, um nicht wieder bestimmte Vorurteile zu bedienen) auf der Straße angesprochen und um (finanzielle) Hilfe gebeten haben. Es ging angeblich darum, einen Menschenrechtsanwalt zu finanzieren, der in dem betreffenden Land inhaftierte Bürgerrechtler freibekommen sollte. Sie hatten sogar einen Zettel vorbereitet, auf dem Namen der Inhaftierten und ein Statement des zu beauftragenden Anwalts (einem sehr renommierten Herrn) abgedruckt waren.
Da ich bei solchen Dingen immer etwas skeptisch bin, aber im Prinzip willig war, das Anliegen zu unterstützen, nahm ich mir den Zettel mit. Eine wirklich sehr kurze Internetrecherche hat ergeben, dass zum Einen der betreffende Anwalt die aufgeführten Äußerungen in einem völlig anderen Zusammenhang gemacht hatte und eine Beauftragung durch die Organisation wohl abgelehnt hätte, und dass zum Anderen die inhaftierten “Bürgerrechtler” tatsächlich Angehörige einer extrem rechten und regierungsfeindlichen Organisation waren, die für zahlreiche Terroranschläge und die Destabilisierung des Landes mit verantwortlich waren.
Im Nachhinein bin ich äußerst froh, den wirklich netten Frauen mein Geld nicht gegeben zu haben. Obwohl sie keine Betrügerinnen waren (in ihrem Weltbild mögen sie sich durchaus als “Bürgerrechtler” verstehen), war es richtig, genauer hinzusehen.
Ich kann das nur jedem empfehlen, der kein Geld zu verschenken hat und möchte, dass seine Spende wirklich in seinem Sinne verwendet wird.
Eine Recherche ist heute doch wirklich schnell und einfach zu erledigen, und jeder seriöse Spendensammler gibt einem gerne eine Bankverbindung für die spätere Überweisung von zu Hause aus mit.