Nov
2012
Erlebnisse, Gedanken und Fundstücke
Kempten im Winter 1938/39
Das Bild zeigt meine Großeltern, Urgroßeltern und meinen Großonkel: Joseph (Sepp), Johann (Hannes), Wilhelmine (Minna), Josef und Wilhelmine (von links nach rechts).
Alle sehen fröhlich aus, besonders Hannes und der junge Sepp – vielleicht wurde das Bild an seinem 14. Geburtstag am 8. Januar 1939 aufgenommen.
Hannes hat allen Grund, fröhlich und stolz zu sein: Vor einem halben Jahr hat er seine geliebte Minna geheiratet, das erste Kind, ein Sohn, ist unterwegs und wird in wenigen Wochen zur Welt kommen, er versteht sich gut mit seinen Schwiegereltern, und er ist beruflich erfolgreich.
Hier trübt allerdings ein Wermutstropfen seine Freude: Er ist zwar Geschäftsführer zweier Warenhäuser in Kempten und Heilbronn, dies aber hauptsächlich deswegen, weil der Mann seiner Steifschwester ihm das Geschäft übertragen hat, bevor es enteignet werden konnte.
Der Mann, mit dem sich Hannes so gut verstand wie mit einem Bruder, ist Jude und hat Deutschland verlassen, um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen.
Josef hält “seine” beiden Frauen noch fest im Arm, aber es deutet sich bereits der Generationenwechsel an: beide Frauen sehen zum strahlenden Hannes hinüber, der wiederum den “Patriarchen” stolz und selbstbewusst anlacht.
Josef wird drei Jahre später im Alter von 59 Jahren an Krebs sterben, während Wilhelmine, 10 Jahre jünger als ihr Mann, noch weitere 40 Jahre lebt und mit fast 90 Jahren bei Minna und Hannes in Heilbronn sterben wird, wohin sie einige Monate vor ihrem Tod zieht.
Sepp, Minnas kleiner Bruder, ist ein fröhliches Kind, ein unternehmungslustiger Junge. Sein größter Wunsch ist es, Flieger zu werden.
Er wird ihn sich erfüllen, aber mit dem Leben bezahlen – am 14.1.1945 wird er beim Luftkampf um Berlin abgeschossen werden.
Hannes wird den Krieg überleben und mit Minna und ihren – dann – zwei Kindern nach Heilbronn ziehen. Sie werden ein Haus bauen, weitere drei Kinder bekommen und ein erfülltes Leben führen.
Hannes wird 1990 im Alter von 84 Jahren sterben, und Minna wird ihm zehn Jahre später nachfolgen.
Der Name Kuckartz ist wie seine Varianten Kuckertz, Kockartz und Kockertz abgeleitet vom frühneuzeitlichen Namen Kockart (auch Kochart, Kockardt, Kochardt), der in manchen Dokumenten um die niederrheinische Endung -s oder -z ergänzt wurde. Dieser Name wiederum geht auf den mittelniederländischen Namen Cockaert zurück, der im Mittelalter im flämischen Sprachraum nicht selten war. Der Name Cockaert wiederum soll vom altfranzösischen Cocart abstammen.
Das altfranzösische cocart (von coc = Hahn ergänzt um die Silbe (h)art = stark) bedeutet soviel wie eitel oder sich aufplustern. Mit dem Beinamen Cocart wurden Menschen belegt, die als Aufschneider, Prahlhans, Dummkopf oder Einfaltspinsel angesehen wurden. Im mittelalterlichen Niederländisch bezeichnet das Wort (und der Beiname) cockaert einen Narren oder Aufschneider.
Auf Neudeutsch könnte man den Namen also wohl wenig schmeichelhaft mit “Dummschwätzer”, “Angeber” oder “Großmaul” übersetzen…
Die Kockarts waren ursprünglich ein stadtkölnisches, dann Aachener Geschlecht, die eine Gleve (Lilie) im Wappen führten. Das Kölner Haus zum Kockart gehörte zur Pfarre St. Severin.
Der älteste mir bekannte Namensträger ist Heinrich Kockart (gestorben nach 1318) aus Aachen. Seine Nachkommen lebten in Aachen und Burtscheid (heute ein Aachener Stadtteil). Sie waren Burtscheider Schöffen (ehrenamtliche Richter), besaßen im 15. und 16. Jahrhundert eine Mühle in Burtscheid und erwarben 1505 das Gut Reinarzkehle (heute Reinartzkehl) bei Aachen als Lehen der Propstei des Aachener Münsters.
Bereits im 15. Jahrhundert werden sie in Urkunden abwechselnd “Kockart”, “Kockartz”, “Kuckart” oder “Kuckartz” geschrieben.
Im 16. Jahrhundert tritt ein Familienzweig zum evangelisch-reformierten Glauben über und heiratet 1619 über Agnes Kockarts (gestorben 1673 Aachen) in die evangelische Kupfermeisterfamilie von Asten ein, die wie andere Aachener Kupfermeister jener Zeit nach Stolberg umsiedelten.
Im 18. Jahrhundert wandert ein anderer Zweig der Familie Kockartz in den belgischen Kanton Eupen ab und lässt sich u.a. in Eynatten, Hauset, Walhorn und Welkenraedt nieder.
Etwa ab dem 18. Jahrhundert behalten die einzelnen Familienzweige ihre jeweilige Namensschreibweise im Wesentlichen bei, also “Kockart”/ “Kockartz” auf der einen und “Kuckart”/ “Kuckartz” auf der anderen Seite.
“Kockartz” (bzw. “Kockart”) finden sich zu dieser Zeit vor allem in Aachen, Stolberg, Bardenberg (bei Würselen), Eynatten, Hauset, Walhorn, Welkenraedt und Vaals, “Kuckartz” (bzw. “Kuckertz”) in Aachen, Langerwehe, Bardenberg, Düren sowie im belgischen Montzen und im niederländischen Vaals.
Im 19. Jahrhundert ändert sich die Schreibweise der Familien nicht mehr, gleichzeitig findet im Zuge der Industrialisierung eine Verbreitung der einzelnen Familienzweige im gesamten Aachener Raum und im Herzogtum Limburg statt, so dass sich heute überall in der Region Namensträger der beiden Hauptlinien (Kockart/ Kockert, Kockarts/ Kockerts, Kockartz/ Kockertz einerseits und Kuckart/Kuckert, Kuckarts/ Kuckerts, Kuckartz/ Kuckertz andererseits) finden.
Im 19. und 20. Jahrhundert gelangten Namensträger im Zuge von Migrationsbewegungen auch in andere Regionen Deutschlands sowie in die USA und nach Kanada.
Quellen: